Eine erfolgreiche Politik braucht: Mut

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Nun ist sie also vorbei, die Ära Merkel. 16 Jahre lang hat die Kanzlerin Deutschland durch mitunter stürmische Zeiten gesteuert. Und das durchaus erfolgreich. Wenn da diese verflixten letzten Jahre nicht gewesen wären, in denen die Grande Dame der CDU einem Kabinett vorstand, dessen Politik oft bremste, wenn doch ein beherzter Tritt aufs Gaspedal nötig gewesen wäre.

Um im Bild zu bleiben: Die Autoindustrie, einst glanzvolles Aushängeschild des Exportweltmeisters, hat den Anschluss an die internationale E-Mobilität längst verpasst und rollt traurig hinter den Großen und den erfolgreichen Newcomern der Branche her. Stattdessen freut sich Angela Merkel auf der IAA publikumswirksam über ein Lastenfahrrad der Kölner Firma Kettler. Oder blicken wir auf die Biotech-Industrie: Da jubelt die halbe Welt über einen Impfstoff, „Made in Germany“. Doch Herstellung und Logistik hat ein amerikanischer Konzern übernommen. Was ist denn mit Bayer, Fresenius, Merck und Co.? Und das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, die berühmten KMU – darunter eine ganze Reihe von „hidden champions“ – werden von der Politik mit einem immer dichteren Netz aus Vorschriften und Regulierungen behindert und durch eine mangelhafte technische Infrastruktur abgehängt.

Stillstand als Bilanz

Dass wir nicht vorankommen, haben sich die Regierungsparteien in die Negativbilanz zu schreiben. Statt mutige, zukunftsorientierte und im besten Sinne visionäre Politik zu machen, beklatschen Christ- und Sozialdemokraten unisono Pflegekräfte – um sie anschließend zu vergessen. Sie tätscheln jugendlichen Klimaschutz-Demonstranten die Schultern – und verheddern sich umso schneller in endlosen Diskussionen um Ziele oder vielmehr: drohende Pegelstände der Weltmeere. Und sie propagieren Geschlechtergleichheit, nur um später feststellen zu müssen, dass es mit Quotenregelungen und Gender-Sternchen nicht getan ist. Deutschland versinkt politisch korrekt in der Bedeutungslosigkeit.

Ungläubiges Staunen

Im politischen Berlin wird immer weniger gehandelt und immer mehr verzagt. Das geht zu Lasten der allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit, des digitalen Fortschritts, der sozialen Gerechtigkeit. Und vom einstigen Wirtschaftswunder bleibt nur noch ein ungläubiges Staunen: Fragen Sie mal ausländische Manager, wie sie den Standort Deutschland bewerten! Sie werden sich, nun ja: wundern.

Wird sich mit dem schlechten Wahlergebnis für die CDU/CSU und einer daraus möglicherweise resultierenden Ampel-Koalition etwas ändern?

Eine neue Koalition als echte Chance

Die Chancen einer Koalition, die sich wieder mehr um die großen Zukunftsfragen Deutschlands kümmert und weniger im Klein-Klein verheddert, stehen möglicherweise in einem Bündnis unter der Verhandlungsführung von Robert Habeck für die Grünen, Christian Lindner für die FDP und Olaf Scholz (SPD) gar nicht zu schlecht. Habeck und Lindner eint der Wille, eine modernere, tatkräftigere Regierung zu bilden als die GroKo unter Angela Merkel es jemals war. Gleichwohl sind die inhaltlichen Differenzen riesig. Ob Steuern oder Klimaschutz – in allen Feldern stehen die Grünen für mehr staatliche Regulierung, die Liberalen für mehr privates Engagement. Es wird auf die Fähigkeit der Unterhändler ankommen, die eigenen Truppen in Partei und Fraktion auf das Verbindende und eine gemeinsame Idee einzuschwören.

Aufbruch wagen

Jetzt einen Aufbruch zu wagen, wäre gut und wichtig. „Neue Wege entstehen, indem wir sie gehen“, wusste schon der große Denker Friedrich Nietzsche. Und ja: Wir werden nur Fortschritte machen, wenn wir uns mutig auch auf unbekannte, neue Pfade wagen.

Lassen Sie mich, liebe gewählte Volksvertreter, einen Appell an Sie richten: Setzen Sie sich für eine zukunftsorientierte Politik ein! Fördern Sie Innovationen und erkennen Sie an, dass ein mögliches Scheitern immer auch die Tür zu einem Neuanfang ist. Seien Sie mutig!

Und wenn ich mir einen Wunsch für unsere Branche erlauben darf: Gehen Sie eine wissenschaftsbasierte Tabakkontrollpolitik ohne emotionale Belastungen oder Voreingenommenheit an. Berücksichtigen Sie die zahlreichen wissenschaftlichen Studien, die den Nutzen insbesondere neuer Produkte wie E-Zigaretten, Nikotin-Pouches und Tabakerhitzer gegenüber herkömmlichen Tabakprodukten in den letzten Jahren immer wieder klar gezeigt haben. Setzen Sie sich für eine erfolgsorientierte und nachhaltige Politik der Schadensminimierung im Tabakbereich ein. Und erkennen Sie, wie Sie selbst damit einen konkreten Beitrag zur Förderung der öffentlichen Gesundheit leisten können.

Konzentration auf das Wesentliche und weniger politische Kleinkrämerei in der neuen Legislaturperiode: Das wäre im Deutschland der 2020er-Jahre mal wieder ein Grund, sich im besten Sinne zu wundern.

Ein Meinungsbeitrag von Julian Stürcken (@stuercken),
Leiter der Hauptstadtrepräsentanz von Reemtsma in Berlin