“Nachhaltigkeit ist ein zentraler Teil unserer täglichen Arbeit”

Interview

Nachhaltigkeit darf kein Lippenbekenntnis sein. Im Gegenteil: Es braucht eine klare Vision mit greifbaren Zielen. Für unsere gesamte Unternehmensgruppe Imperial Brands PLC ist das Ziel klar: CO2-Neutralität bis zum Jahr 2040! Als Produzent, Treiber von Forschung und Entwicklung sowie Nutzer natürlicher Ressourcen nimmt das auch uns bei Reemtsma in die Verantwortung und in die Pflicht, unsere Lieferketten und Produktionsprozesse zu analysieren und weiter zu verbessern – und so unseren ökologischen Fußabdruck fortlaufend verringern zu können. In einem ersten Schritt richten wir unseren Fokus daher auf die Einsparung von Energie, Abfall und Wasserverbrauch an unserem Produktionsstandort Langenhagen. Warum? Weil wir zunächst bei uns selbst ansetzen und konkret etwas vor Ort verändern wollen.

Sven-Weber

Das Reemtsma-Werk in Langenhagen gehört zu den weltweit wichtigsten Produktionsstandorten von Imperial Brands. Über 700 Mitarbeitende planen und produzieren heute mehr als 1.700 unterschiedliche Artikel, die in über 90 Länder auf der Welt exportiert werden.

Bereits seit mehr als zwei Jahren arbeiten wir in Langenhagen mit modernsten technologischen Verfahren daran, die Ökobilanz des Werkes fortlaufend zu verbessern. Die Ergebnisse können sich bereits sehen lassen und zahlen konkret vor Ort auf die globale Nachhaltigkeitsstrategie unserer Konzerngruppe ein. Unser Anspruch an uns selbst ist es aber, nicht stehen zu bleiben, sondern konsequent weiter voran zu gehen.

Wir haben dazu mit Sven Weber (Foto), Technical Manager im Reemtsma-Werk Langenhagen, gesprochen, der die Konzeption und Umsetzung aller Nachhaltigkeitsmaßnahmen vor Ort verantwortet.

Sie sind Technical Manager im Reemtsma-Werk in Langenhagen. Was genau verbirgt sich dahinter und wie kommen Sie zum Thema Nachhaltigkeit?

Als Technical Manager bin ich im Werk Langenhagen Bestandteil der Werksleitung und verantworte die Bereiche allgemeiner Betrieb, logistische Systeme, die Werkstätten sowie die Gebäude- und Energietechnik. Dabei bin ich sowohl für die Energieerzeugung als auch für die Verteilung innerhalb des kompletten Werkes, der Lager und Verwaltung verantwortlich. Wir stellen Energie in verschiedenen Formen bereit, darunter Dampf, Vakuum, Druckluft. Und wir kümmern uns um alle raumlufttechnischen Anlagen und die Verteilung der elektrischen Energie, die wir in Teilen über unser Blockheizkraftwerk sowie eine kleine Solaranlage auf dem Dach selbst erzeugen. Nachhaltigkeit ist daher zentraler Bestandteil meiner und unserer täglichen Arbeit bei Reemtsma.

Versorgt das Blockheizkraftwerk das gesamte Werk mit Strom?

Es handelt sich bei unserem Blockheizkraftwerk um eine Mikrogasturbine. Die dort erzeugte elektrische Energie nutzen wir derzeit für die Beleuchtung an unserem Standort. Wobei wir die Installation eines weiteren Blockheizkraftwerks derzeit prüfen. Zudem nutzen wir die Wärme zum Vorheizen des Kesselspeise- und des Heizungswassers.

Mikrogasturbine
Mikrogasturbine mit Schornstein im Reemtsma-Werk Langenhagen

Moderne Produktionswerke sind komplexe Strukturen mit vielen verschiedenen Arbeitsschritten, die jeweils einen unterschiedlichen Energieverbrauch haben: Wo gibt es Ihrer Einschätzung nach das aktuell größte Einsparpotenzial und mit welchen konkreten Maßnahmen wollen Sie Strom und CO2-Emissionen im Reemtsma-Werk Langenhagen einsparen, um Ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen?

Dazu gibt es verschiedene Ansätze in unseren Überlegungen:

Wir arbeiten kontinuierlich an der Verbrauchreduzierung innerhalb des Werkes, sowohl auf einzelne Anlagen bezogen als auch auf die Gesamtinfrastruktur.

Aktuell stellen wir beispielsweise unsere komplette Beleuchtung auf LED um. Zudem nutzen wir die Abwärme unserer Druckluftkompressoren, um unser Heizungswasser vorzuwärmen. Neben diesen Maßnahmen arbeiten wir auch daran, den CO2-Fußabdruck unserer energieintensivsten Prozesse deutlich zu reduzieren. Dazu zählt die komplette Umstellung des ESS-Prozesses [Anm. d. Red.: ESS steht für Expanded Shredded Stem]. Das ist ein spezieller Prozess zur Aufbereitung des „Stängels“ der Tabakpflanze. Im Zuge der Umgestaltung des Verfahrens wird dann die Möglichkeit geprüft, eine Absorptionskälteanlage zu installieren, um die Abwärme aus dem Prozess so effizient wie möglich zu nutzen. Unser Heizungssystem am Standort wird insbesondere in kalten Monaten größtenteils durch Abwärme aus den installierten Anlagen geheizt.

Welche weiteren Maßnahmen wurden bislang im Reemtsma-Werk Langenhagen umgesetzt, um den Standort nachhaltiger zu machen?

Neben den bereits genannten Punkten waren wir in der Tat in den vergangenen Jahren nicht untätig. Zum Beispiel haben wir Ladestationen für Elektroautos und E-Bikes installiert. Wir wollen damit einen Beitrag zur Verkehrswende leisten und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren, umweltfreundlichere Verkehrsmittel zu nutzen.

Perspektivisch wollen wir dahingehend auch die im Werk genutzten Poolfahrzeuge komplett auf E-Mobilität umstellen, um auch bei den Firmenwagen mit einem guten Beispiel voranzugehen.

Die Nutzung von Ladestationen für PKW und E-Bikes setzt die Nutzung von grünem Strom voraus, um erfolgreich CO2 zu reduzieren: Wie grün ist der Anteil an ihrem Strommix?

Momentan liegt der Anteil an erneuerbarem Strom in unserem Strommix bei 70 Prozent. Damit liegen wir deutlich über dem durchschnittlichen Anteil im gesamtdeutschen Strommix. Aktuell prüfen wir auch Möglichkeiten, unseren Strom künftig komplett aus erneuerbaren Energien zu beziehen.

Reemtsma ist seit Langem in der Region Hannover fest verwurzelt. Setzen Sie daher bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsmaßnahmen auch auf die Expertise regionaler Partner?

Das stimmt, das Werk Langenhagen feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Eine Zahl, die uns stolz macht. Von Anfang an haben wir bei der Umsetzung zahlreicher Projekte mit Partnern vor Ort zusammengearbeitet und pflegen deshalb langjährige Partnerschaften mit diversen Lieferanten und Handwerkern in der Region. Das heißt:

Auch bei der Umsetzung unserer Nachhaltigkeitsmaßnahmen können wir uns auf ein starkes regionales Netzwerk verlassen.

Die neue Bundesregierung wird voraussichtlich das Thema Solarpanels auf Dächern von Gewerbeflächen angehen. Dazu gab es bereits eine Machbarkeitsstudie von Ihnen hier im Werk. Gibt es einen konkreten Zeitplan, mit der Installation zu beginnen?

Aktuell gibt es noch keinen genauen Zeitplan für eine mögliche Umsetzung der Maßnahme. Wir prüfen neben der Installation auf dem Dach auch weitere Installationsmöglichkeiten auf dem Gelände.

Spielt auch das Thema Digitalisierung eine Rolle bei der Senkung von CO2 bzw. Strom, Stichwort: intelligente Vernetzung?

Wir haben in den letzten Jahren ein sehr gutes und dichtes Netzwerk von Stromzählern an unserem Standort installiert. Die Nutzung intelligenter Zähler ermöglicht es uns, den Energieverbrauch der jeweiligen Anlagen noch viel genauer zu analysieren und gezielt Maßnahmen zur Verbrauchssenkung zu erarbeiten. Zudem wird die Vernetzung von Maschinen zukünftig eine noch größere Rolle spielen. Durch den Einsatz moderner Technologien werden wir in der Lage sein, Energie noch bedarfsgerechter zur Verfügung zu stellen. Hierzu laufen aktuell auch Projekte bei Reemtsma. Beispielsweise prüfen wir derzeit den Einsatz eines sogenannten Manufacturing Execution Systems, was uns erlaubt, unsere Produktion digital zu steuern.

Die Reduzierung und Vermeidung von Abfall ist vor allem in der Konsumgüterindustrie ein wichtiges Thema. Wie gehen Sie das Thema in Langenhagen an?

Wir haben in der Vergangenheit verschiedene Projekte zur Reduzierung von Abfällen durchgeführt. Das ist für uns ein sehr wichtiges Thema, bei dem wir uns fortlaufend verbessern wollen.

Zum Beispiel ist es uns mittlerweile gelungen, im Bereich der Verpackungsmaterialien gemeinsam mit unseren Lieferanten den Einsatz von Kunststoff-Stretchfolie deutlich zu reduzieren, in dem wir mehr auf Holz- und Pappdeckel setzen, um unsere Produktpaletten zu verpacken.

Im Bereich der Tabakaufbereitung nutzen wird außerdem den standardmäßigen C48-Karton, in dem wir den Rohtabak geliefert bekommen, mehrfach wieder, beispielsweise für den internen Gebrauch und für den Versand. Ein weiteres Projekt befasst sich mit dem Einsatz von Stretchfolie aus nachwachsenden Rohstoffen, zum Beispiel Maisstärke. Hier befinden wir uns gerade in der Testphase.

Wasseraufbereitung gewinnt angesichts der zunehmenden Knappheit von Trinkwasser immer mehr an Bedeutung. Sie haben hier am Werk eine Umkehrosmoseanlage installiert. Wie funktioniert sie, und wozu wird sie genutzt?

Kurz gesagt findet durch die Umkehrosmoseanlage eine Entsalzung des Kesselspeisewassers statt. Das sorgt dafür, dass der Dampfkessel eine geringere Absalzrate aufweist, wodurch die Energieverluste des Systems und somit der Verbrauch von Zusatzwasser reduziert wird.

Umkehrosmoseanlage
Umkehrosmoseanlage im Reemtsma-Werk Langenhagen

Viele der genannten und bereits umgesetzten Maßnahmen beziehen sich auf die Gebäude und Werksanlagen. Gibt es auch Nachhaltigkeitsmaßnahmen, die Mitarbeiter:innen ergreifen oder an denen sie sich direkt beteiligen können?

Wir haben hier im Werk eine „Taskforce“, die aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus allen Bereichen besteht, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit und Umwelt auseinandersetzen. Hier werden Ideen diskutiert, wie auch jeder Einzelne noch zusätzlich etwas zu einem nachhaltigeren Alltag im Werk beitragen kann. Wir setzen zudem ein Mal im Jahr ein Umweltprogramm für das Werk Langenhagen auf, das uns dabei unterstützen soll, unsere Ziele als Unternehmen zu erreichen und die Ideen aus allen Bereichen des Werkes zu sammeln und zu strukturieren. Um Ihnen ein Beispiel zu nennen: Wir prüfen gerade, ob wir bei der Aufbereitung unserer Versandkartons von PET-Klebeband auf Papiertapes umsteigen.

Gibt es aus Ihrer Sicht eine regulatorische Maßnahme, die der Gesetzgeber umsetzen könnte, um Werke wie das Reemtsma-Werk Langenhagen bei der Realisierung weiterer Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu unterstützen?

Aus meiner Sicht wäre es sehr sinnvoll, regulatorische Prozesse zu verschlanken und Förderprozesse deutlich zu vereinfachen. Weiterhin wünsche ich mir ein gewisses Maß an Flexibilität bei Fördermittelgebern. Denn allzu oft sind die Vorgaben für die Verteilung von Fördermitteln viel zu eng gefasst. Wenn dann eine Spitzenidee auf dem Tisch landet, die aber nicht explizit in der Ausschreibung steht, fällt sie hinten runter und es gibt keine Förderung. Das können wir uns aber als Wirtschaft und auch als Gesellschaft nicht mehr leisten. Hier braucht es einen viel pragmatischeren Ansatz.

Wenn Sie sich eine weitere Nachhaltigkeitsmaßnahme für Langenhagen wünschen könnten. Welche wäre das?

Ich möchte das nicht an einer konkreten Maßnahme festmachen, denn wir haben schon viel erreicht und auch ein volles Arbeitsprogramm für die nächsten Jahre. Ich wünsche mir aber, dass ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen weiterhin ein bisschen dazu beitragen kann, unser Werk und damit auch unser Unternehmen insgesamt nachhaltiger zu machen. Dieses kleine Puzzleteil zahlt dann auf die generellen Ziele ein, die wir als Gesellschaft haben. Dass ich bei so etwas dabei sein darf, freut mich ungemein.

 

Verantwortungsvolles Handeln bezieht sich für Reemtsma nicht nur auf einen möglichst nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen und die konsequente Verkleinerung des eigenen CO2-Fußabdrucks. Es ist darüber hinaus unsere Richtschnur auch in Fragen der politischen Regulierung, des Jugendschutzes, beim Umgang mit gesundheitlichen Risiken im Zusammenhang mit dem Rauchen und für unser soziales und gesellschaftliches Engagement. Mehr dazu lesen Sie hier.