Von Äpfeln und Birnen: Tobacco Harm Reduction bei der FCTC COP10?

Allgemein

Noch bis zum Samstag findet in Panama die 10. Conference of the Parties (COP10) des WHO-Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (Framework Convention on Tobacco Control/FCTC) statt. Dieses Treffen, an dem rund 180 Staaten bzw. Vertragsparteien teilnehmen, findet alle zwei Jahre statt und hat großen Einfluss auf die künftige Ausrichtung der internationalen Tabakkontrollpolitik und deren Umsetzung. Ziel ist der Schutz vor gesundheitlichen, sozialen und umweltbezogenen Folgen des Tabakkonsums sowie des Passivrauchens.

Diese Ziele sind im Grundsatz wichtig für eine Gesellschaft, die als Ganzes nachhaltiger agieren muss. Auch wir leisten bei Reemtsma und im Verbund von Imperial Brands in allen diesen Bereichen konkrete Beiträge, die sich an klaren Zielen orientieren und messbare Ergebnisse liefern.

Transparenz? Fehlanzeige!

Die Eindämmung vor allem von möglichen gesundheitlichen Folgen des Tabakkonsums ist eine gemeinschaftliche Herkulesaufgabe, deren Lösung alle Beteiligten einbeziehen muss. Dies ist bei der WHO FCTC COP10 leider nicht der Fall. Stattdessen finden die Beratungen und Verhandlungen in Panama erneut nicht öffentlich und unter Ausschluss zahlreicher direkt Betroffener statt, namentlich von Expertinnen und Experten sowie von relevanten Interessenvertretungen, die sich wissenschaftlich und/oder mit Blick auf Millionen Menschen auf der ganzen Welt, die als erwachsene Konsumentinnen und Konsumenten von den COP10-Entscheidungen maßgeblich betroffen sein werden, für das Konzept von Tobacco Harm Reduction (THR) einsetzen. Transparente Gesundheitspolitik sieht anders aus!

Überhaupt spielt das wissenschaftlich mittlerweile weitgehend anerkannte Public-Health-Potenzial neuartiger Produkte wie E-Zigaretten, Tabakerhitzer und tabakfreie Nikotinbeutel im Rahmen der COP10 praktisch keine Rolle. Stattdessen liegt der Fokus der WHO auf der Verringerung von Nachfrage und Angebot klassischer Tabakprodukte. Mit Blick auf alles andere gilt: Ungleiches wird gleichbehandelt.

Dass diese Position viel zu kurz greift und dem eigentlichen Ziel nicht dienlich ist, haben jüngst Robert Beaglehole und Ruth Bonita von der University of Auckland (Neuseeland) im wissenschaftlichen Fachmagazin The Lancet betont:

The critical background papers to COP10 recommend treating nicotine products as equivalent to cigarettes and regulating them in a similar way. This approach is a retrograde step because they are not comparable products in terms of the damage they cause; after all, it is the burning of tobacco that causes harm, not nicotine. […] Reducing cigarette smoking is the most effective way to prevent tobacco-related deaths and tobacco harm reduction is the fastest and fairest way to lower smoking prevalence. WHO needs to embrace these innovations in nicotine delivery.

Auch die Thrombose-Initiative e.V. hat sich Mitte Januar dieses Jahres erneut für eine deutlich stärkere Anwendung des Konzepts einer Schadensminderung auch und gerade in Bezug auf das Rauchen ausgesprochen:

Wie in der Nationalen Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik der Bundesregierung aufgeführt, ist die Schadensreduzierung eine Säule der Suchtpolitik der Gesundheitsbehörden und darf nicht ausgerechnet beim Thema Rauchen stiefmütterlich behandelt werden. Die Mehrheit der Raucher ist zum Rauchstopp nicht motiviert und daher von gut gemeinten Rauchstoppkampagnen und medizinischen Leitlinien nicht zu erreichen. Um diese Gruppe erfolgreich anzusprechen, ist der ergänzende Ansatz der Schadensreduzierung einer der vielversprechendsten Wege.

Ungleiches nicht gleich behandeln!

Ja, auch der Konsum neuartiger Produkte ist nicht harmlos, schon gar nicht gesund! Er ist jedoch deutlich weniger risikobehaftet als das fortgesetzte Rauchen klassischer Tabakzigaretten. Ungleiches kann und darf daher nicht gleich reguliert werden. Stattdessen gilt es, eine risikobasierte Regulierung zu etablieren, die jede Produktkategorie gemäß ihres Risikoprofils bewertet, wissenschaftlicher Evidenz Rechnung trägt und den Schutz der Gesundheit erwachsener Raucherinnen und Raucher nicht gegen den Jugend- und Nichtraucherschutz aufwiegt, sondern beides gleichermaßen in den Fokus nimmt.